Der Strahl – Teil des Trageapparates?

Die Frage, ob der Strahl nun mittragen sollte oder nicht, wird oft kontrovers diskutiert.

Um diese Frage beantworten zu können, sollte man sich mit der Funktion des Strahles und dessen anatomischen Strukturen vertraut machen.

Die Funktion des Strahles

Der unbeschlagene Huf verfügt über eine sehr hohe reversible Eigenbeweglichkeit, auch Hufmechanik genannt. Die Hufmechanik ermöglicht es dem Huf sich an unebene Bodengegebenheiten anzupassen und schont damit besonders die distalen Gelenke wie Huf-, Kron- und Fesselgelenk. Ohne den Strahl mit seiner weichen, biegsamen Konsistenz wäre die Eigenbeweglichkeit des Hufes bei unebenen Böden nicht möglich.

Die gummiartige Konsistenz des Strahles hat aber noch weitere Vorteile. Beim Auffußen des Pferdes trägt der Strahl damit erheblich zur Dämpfung der einwirkenden Kräfte bei. Die Tragearbeit des Strahles ist also durchaus erwünscht und symptomatisch für einen leistungsfähigen Huf.

Unterstützung für den Hufrollenkomplex

Auch aus anatomischer Sicht ist ein mittragender Strahl anstrebenswert. Direkt hinter dem Strahl liegt die Strahllederhaut, die das Strahlhorn produziert sowie das Strahlkissen, das ebenfalls eine stoßabsorbierende Wirkung besitzt. Folgt man weiter diesem Weg ins Hufinnere trifft man auf die tiefe Beugesehne und auf den dazugehörenden Hufrollenkomplex. Dieser besteht aus dem Strahlbein, dem Schleimbeutel und dem Anteil der tiefen Beugesehne, der über das Strahlbein gleitet.
Ein mittragender Strahl bietet somit auch eine unterstützende Wirkung für den gesamten Hufrollenkomplex, was zur Gesunderhaltung dieser stark beanspruchten Konstruktion beiträgt.

Die richtige Bearbeitung des Strahles

Der Huforthopäde entfernt nur die Anteile des Strahles die von Fäulnis befallen sind oder diese befördern. In der Hauptsache beschränkt sich die Arbeit am Strahl auf das Freilegen der seitlichen und mittleren Strahlfurche(n).
Ein komplett bearbeiteter (geschälter) Strahl ist zwar mitunter hübsch anzusehen, jedoch ignoriert dieser Umgang mit dem Strahl die anatomischen Gegebenheiten und mindert den möglichen Nutzen des Strahles erheblich.

Der Strahl meines Pferdes ist zu schwach ausgeprägt, um mitzutragen. Was nun?

Sollte der Strahl Ihres Pferdes nicht stark genug ausgeprägt sein um Tragearbeit zu leisten, sollte zuerst Ursachenforschung betrieben werden.

Ein Beschlag hält durch den erhöhten Abstand des Strahles zum Boden die wachstumsfördernden Reize fern. Grundsätzlich ist es so, dass ein Beschlag die Funktionen und Vorteile des Strahles zunichte macht oder zumindest stark einschränkt. Die Hufmechanik und auch die dämpfende Wirkung des Strahles werden verhindert, mit allen daraus resultierenden Folgen.
Eine falsche, zu starke Bearbeitung des Strahles beim unbeschlagenen Huf kann ebenfalls zu einem Strahl führen der hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Wird zuviel Horn entfernt, treffen zu wenig Reize auf den Strahlkörper, was zu einem geringeren Strahlwachstum führt. Zumindest bleibt aber (im Vergleich zum beschlagenen Huf) die Hufmechanik erhalten.

Eine weitere Hufsituation, bei der der Strahl nicht mitträgt, ist ein Huf, der eine sehr stark ausgeprägte Sohlenwölbung aufweist. Die konkave Rundung der Sohle ist also so deutlich, dass der Strahl entsprechend tief im Huf liegt. Sind die Hufe solchermaßen geformt, ist das Ziel eines mittragenden Strahles hintenan zu stellen. Auf keinen Fall sollte der Versuch unternommen werden, z.B. durch Kürzen der restlichen Hufkapsel oder nur des Trachtenbereiches, den Strahl zum Mittragen zu bringen.

Kräftiger Strahl und eine physiologische Hufform

Deutlich mehr Raum für Strahl und Ballen

Deutlich verbesserte Dämpfung dank gesundem Strahl

Ein mittragender Strahl ist anstrebenswert

Das Fallbeispiel zeigt einen Hinterhuf sowie einen Vorderhuf im Abstand von 2 Jahren. Der Strahlkörper hat sich deutlich erholt und kann nun seine dämpfenden Eigenschaften umfänglich einsetzen.

Der traurige Zustand des Strahles im Ursprungszustand ist vor allem in der unphysiologischen Hufform zu suchen. Vor allem der Vorderhuf ist stark asymmetrisch und zeigt eine Tendenz zum Zwanghuf.
Durch die huforthopädische Arbeit konnte der Huf rehabilitiert und ein Hufzustand hergestellt werden der dem Strahl und den Ballen wesentlich mehr Raum belässt.

Nachhaltige Verbesserung anstatt aussichtsloser Symptombehandlung

Sollte der Strahl Ihres Pferdes unter Zwang und/oder Fäulnis leiden, so machen Sie sich bewusst dass dieses Problem nicht behoben werden kann ohne die gesamte Hufsituation mit einzubeziehen. Das Herumlaborieren mit verschiedenen Strahlpflegemitteln stellt lediglich eine Symptombehandlung dar die zwar unterstützend eingesetzt werden kann, jedoch keine langfristige Lösung der Probleme herbeizuführen vermag.

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